top of page

Ärzteprotokolle

Auszug aus dem Ärzteprotokoll

mit chronologischer Auflistung der Diagnosen, Behandlungen und Therapien

Einlieferung mit Polytrauma nach Verkehrsunfall vom 23.04.2016 mit (ICD S06.6) (Traumatische subarachnoidale Blutung / SAB (Hirnblutung) Ein Polytrauma bezeichnet mehrere zeitgleich erlittene Verletzungen verschiedener Körperbereiche, wobei mindestens eine dieser Verletzungen, oder aber die Verbindung mehrerer Verletzungen, eine lebensbedrohliche Situation darstellt.

Schädel-Hirn-Trauma:
- Schädelbasisfraktur mit Längsfraktur des rechten Felsenbeins und transversaler Clivus-Fraktur (querliegende Fraktur eines Teils der Schädelbasis)
- Traumatische SAB mit vollständiger Verlegung des präpontinen (… vor der Brücke des Hinterhirns liegende) Reserveraums
- Lazeration der ventralen Anteile von Pons und Medulla oblongata (Zerreißung der vorderen Teile des zum Gehirn gehörigen Abschnitts von Kleinhirn und Hinterhirn, hierzu gehört auch das verlängerte Markhirn)
- Hydrocephalus occlusus (Abflussstörung des Hirnwassers)

Wirbelsäulenfrakturen:
- Atlanto-occipitale Instabilität bei Läsionen des Bandapparates (Wirbelsäulenverletzung des ersten und zweiten Halswirbels)
- Chance-Fraktur von BWK 10 mit Versatz Wirbelkörper auf Höhe BWK 10/11 (Spaltungsfraktur des Brustwirbelkörpers 10 und 11)

 

Symptomatik:
- Tetraplegie (gleichzeitige Lähmung aller vier Gliedmaßen)
- Anarthrie (ist das Unvermögen, Wörter oder Einzellaute trotz Funktionstüchtigkeit der Sprechorgane richtig zu bilden)
- Respiratorische Insuffizienz (Atemversagen)
- Neurogene Dysphagie (Schwere Schluckstörung im Mund- und Rachenraum)
- Harn- und Stuhlinkontinenz, Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie = Blasenfunktionsstörung

 

Weitere Verletzungen / Diagnosen:
- Critical-Illness-Polyneuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems, peripher = nicht zum Gehirn oder Rückenmark gehörend, wird jedoch aus Hirn- und Spiralnerven gebildet)
- Fraktur der 11. Rippe links, der 1. Rippe beidseitig
- Hämatothorax rechts (Blutung im Brustfellbereich)
- Contusio cordis (Herzprellung)
- Beckenringfraktur mit Sprengung der ISG-Fugen und der Symphyse (… der unteren Wirbelsäule im Becken und Knochenverbindung durch Faserknochen)
- Acetabulum-Längsfraktur links (Hüftgelenk)
- Stark dislozierte (verschobene) obere und untere Schambeinastfraktur rechts
- Gering ausgeprägtes diffuses retroperitoneales Hämatom (Blutungen des Bindegewebes - Bauchraum)
- Stark dislozierte Femurschaft-Querfraktur links (verschobener Bruch Oberschenkelknochen – Gelenk)
- Tibiaplateau-Fraktur (der oberen Fläche des Schienbeins) mit V.a. Epiphysiolyse (Loslösung am Sprunggelenk)
- A. poplitea-Abbruch (Arterie / Schlagader – Kniekehle) am Übergang vom P2 zum P3-Segment links
- Bimalleoläre (Außen- und Innenknöchel im Sprunggelenk gleichzeitig gebrochen) Sprunggelenksfraktur links
- Suprakondyläre, um 90° dislozierte Femurfraktur rechts (um 90° verschobener Bruch Oberschenkel rechts)
- infiziertes nekrotisches Wundareal gluteal (Entzündung im abgestorbenen Wundbereich des Gesäßes)
- Multiple Platz- und Schürfwunden am unteren Rücken und gluteal (… und Gesäß)
- Kleine Nierenkontusion links (Nierenprellung)

 

Mikrobiologie:
- Enterobacter cloacae Komplex (komplexe verschiedene äußerst widerstandsfähige Bakteriengruppen, Keime, Erreger) und Candida glabrata (Art eines Hefepilzes) im Unterschenkelstumpf links mit VAC-Therapie (Vakuum oder auch Unterdruck-Wundtherapie)
- Rhizopus microsporus (Pilzart) in einem nekrotischen (abgestorbenen) Wundareal gluteal mit VAC-Therapie / Therapie mit liposomale Ampho B (Amphotericin B = Wirkstoff gegen Pilze und Infektionserreger) und Posaconazol (Antibiotikum ohne klinische oder laborchemische Infektzeichen)

 

Operative Therapie:
23.04.16 EVD-Anlage. Fixateur externe auf Becken, Oberschenkel beidseits, Unterschenkel links
26.04.16 EVD-Sondenwechsel
27.04.16 Fixateur intern BWK 8/9 + BW 10/11. Laminektomie BWK + Fixateur intern HWK
29.04.16 Marknagelosteosynthese Femur + EVD-Wechsel, EVD-Sondenwechsel
01.05.16 EVD-Sondenwechsel über bestehendes Bohrloch
03.05.16 Dorsale Plattenosteosynthese (operative Herstellung einer Verbindung mehrerer Knochenteile) hintere Beckenringfraktur
04.05.16 Offene Reposition einer Mehrfragment-Fraktur im Gelenkbereich am distalen Femur (Oberschenkelknochen) durch winkelstabile Platte rechts
07.05.16 Debridement mit Muskel (Entfernung abgestorbenen Muskelgewebes), Faszien (Bindegewebe) und Knochenresektion (operative Entfernung von krankem oder überschüssigem Gewebe am Knochen) sowie Resektion (Entfernung) des Faszienlappens mit folgender VAC-Anlage Unterschenkel links
09.05.16 Großflächige chirurgische Wundtoilette mit Entfernung erkranktes Gewebe an Haut und Unterhaut am distalen (sich entfernenden) Oberschenkel links
09.05.16 Chirurgische Tracheotomie
13.05.16 VAC-Wechsel Amputationsstumpf Oberschenkel links links. Wechsel Vakuumschwammsystem Sakrum 17.05.16 VAC-Wechsel Amputationsstumpf Oberschenkel links links, Debridement, Jet-Lavage und Wechsel Vakuumschwammsystem Sakrum, Exzision und sekundäre Hautnaht distale Fixateurwunden Oberschenkel links
20.05.16 VAC-Wechsel Oberschenkellinks. Debridement (Wundtoilette mit Entfernung abgestorbenen Gewebes) Jet-Lavage (Spülung mit Kochsalzlösung, unter Druck) Oberschenkel links + Sakrum (Wirbelsäulenabschnitt zwischen Lendenwirbelsäule und Steißbein), Sekundärer (nachträglicher) Wundverschluss + VAC-Anlage oberflächlich auf Wunde / Haut Rücken
26.05.16 EVD-Sondenwechsel
27.05.16 Debridement Femur distal mit Lavage links Wechsel Vakuumschwamm Oberschenkel links links Wundrevision Oberschenkel rechts rechts
30.05.16 Großflächige freie Spalthauttransplantation am Oberschenkel L, Entnahme Oberschenkel rechts links, Entfernung Fixateur externe Becken
06.06.16 Spülung Wunde Steiß und erneuter Wundverschluss
08.06.16 Anlage VP-Shunt (Ventrikulo-Peritonealer Shunt, chirurgisch geschaffene Verbindung zwischen dem Ventrikelsystem, bestehend aus vier Hirnkammern und der Bauchhöhle. Shunt = Kurzschlussverbindung mit Flüssigkeitsübertritt zwischen normalerweise getrennten Gefäßen)
14.06.16 Debridement mit Einlegen Medikamententräger sakrale Wunde
17.06.16 Wundrevision und Sekundärnaht Haut Kreuzbeinregion. Nekrosektomie (Entfernung abgestorbenen Gewebes) und Verschieberotalonslappenplastik (Form der Hauttransplantation, kreisrund) großflächig Haut und Unterhaut, Brustwand und Rücken, VAC-Anlage tief Sakrum (Wirbelsäulenabschnitt zwischen Lendenwirbelsäule und Steißbein, aus miteinander verwachsenen Sakralwirbeln)
22.06.16 VAV-Wechsel Sakrum
27.06.16 VAC-Wechsel Sakrum
30.06.16 VAC-Wechsel Sakrum
07.07.16 Debridement und Sekundärnaht Sakrum 

Mein erstes Eis.png
Der Unfallwagen.png
Meine Unfallmaschine_edited.jpg

Auszug aus dem Ärzteprotokoll Bad Aibling

Komplikationen / Interventionen Schön Klinik Bad Aibling, Intensivstation:
- Injektion von je 15 Einheiten Xeomin in M. flex. pol. longus und 35 Einheiten in M. flex. dig. prof. bds. am 27.03.2017 Komplikationen / Interventionen Schön Klinik Bad Aibling, Station 21/22: - Pneumonie: (Lungenentzündung) kalkulierte Antibiose kalkuliert mit Ampicillin / Sulbactam und testgerecht mit Ciprofloxacin beginnend am 01.02.17
- Harnwegsinfekt: testgerechte Antibiose mit Nitrofurantoin beginnend am 02.05.17
- Injektion von insgesamt 200 Einheiten Xeomin in M. pectoralis rechts (25 MU). M. flexor digitorum superficialis (re 25, li 37,5 MU), M flexor digitorum profundus (re 25. 1i 37,5 MU), M. flexor pollicis longus (re 17.5, li 20 MU) am 12.05.17 - PEG-Entfernung am 16.06.17
- letzter Wechsel des suprapubischen Blasenkatheters am 16.06.17
 

In Bad Aibling - links meine Mama_edited

So erhielt ich in der Gesamtheit auch weiterhin die verschiedensten Therapien aus den Bereichen der aktivierenden Pflege mit den nachfolgenden Zielen, wie zum Beispiel eine Physiotherapie (Krankengymnastik), eine Ergotherapie zur geplanten Wiederherstellung meiner eigenen Handlungsfähigkeit, eine Sprachtherapie, eine Schlucktherapie, eine Atemtherapie, sowie auch in der Neuropsychologie eine Behandlung des zentralen Nervensystem mit positiven Auswirkungen auf meine psychische Prozesse.

Zu meiner Entlassung am 20.06.2017 bestand immer noch die besagte und in „Schwere Schluckstörung“ beschriebene agroro-pharyngeale Dysphagie. Die PEG-Sonde wurde zuvor schon am 16.06.2017 entfernt. An eine Dekanülierung war aber aufgrund meines zu diesem Zeitpunkt noch reduzierten reflektorischen Hustenstoßes nicht zu denken. Bei meiner vorläufigen Entlassung wurde ich nach wie vor auch mit einer Trachealkanüle vom Typ Primedistom 8 CP versorgt. Der letzte Trachealkanülenwechsel hatte etwa eine Woche zuvor, ich glaube am 12.06.2017, stattgefunden. Die schon beschriebenen Entblockungszeiten waren für mich mit einer Dekanülierungskappe täglich für vierundzwanzig Stunden möglich. Ein abschließend durchgeführtes Schluckscreening, in Form des neunzig Milliliter Wassertests fiel negativ aus und auch mein Speichelschluck war unauffällig. Meine Nahrungsaufnahme erfolgte bei der Entlassung volloral, also normal durch den Mund, jedoch mit passierter Kost und allen Flüssigkeiten. Allerdings mussten hier ein paar spezielle Kompensationstechniken beachtet werden. Vor allem musste die eingeschränkte Kopfanteflexion, also die Fähigkeit den Kopf nach vorn zu beugen berücksichtigt werden und so wurde das Trinken mit Strohhalm zu einer Notwendigkeit. Im Allgemeinen wurde auch angeordnet, dass meine Schluckstörung stets und ständig zu beaufsichtigen war. So erhielten Mama und Papa sogar noch Informationen was meine „Kost“ anbetraf. Nun ja … Eine Wiederaufnahme zu einer erneuten Feststellung meines Gesundheitszustandes, um miteinander vergleichbare Befunde zu erhalten, sollte in etwa sechs Monaten erfolgen.

Weihnachten_edited.jpg

Sozialmedizinischer Abschlussbefund

Hr. Mehringer wird am 20.06.17 in das häusliche Umfeld entlassen und dort vom Intensivpflegedienst Glavas und seinen Eltern versorgt. Um eine häusliche Versorgung realisieren zu können, fanden Umbaumaßnahmen statt. Antragstellung auf Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen ist erfolgt. Die vorläufige Pflegeeinstufung wurde bereits am 20.03.17 an den medizinischen Dienst gefaxt und der Pflegegrad 2 vorläufig bestätigt. Der Überleitungs- und Berichtsbogen zur Beantragung der Intensivpflege wurde am 24.04.17 an die zuständige Kasse gefaxt. Der Vater des Patienten hat sich von seiner Arbeit freistellen lassen, damit er sich um seinen Sohn kümmern kann. Die Antragstellung auf einen Schwerbehindertenausweis ist ebenfalls erfolgt und ein GdB (Grad der Behinderung) von 100%, sowie den Merkzeichen: G, B, aG, H, RF wurde genehmigt.

G: erhebliche Geh- und / oder Stehbehinderung
B: Begleitperson ist stets erforderlich
aG: außergewöhnliche Gehbehinderung
H: ständig auf fremde Hilfe angewiesen
RF: Blind, oder wesentlich sehbehindert mit einem GdB von wenigstens 60, allein für die Sehbehinderung, welche nicht vorübergehend ist
 

Verbotene Früchte.png

Aber nicht mit mir!

Ich jedenfalls kämpfe weiter, denn ich weiß, gesundheitlich geht da sicher noch was. Wir werden sehen. Und wie sagte mein Papa einst zu einer bestimmten Ärztin? „Wissen sie überhaupt, was in zwei, in drei oder in fünf Jahren mit unserem Sohn Michael sein wird?“ 
 

Mein 17. Geburtstag.png
bottom of page